Pressebericht: Ein Rechenfehler kostet die halbe Turnhalle
Die Eichendorffschule könnte sich mit einer kleineren Turnhalle begnügen müssen. Grund dafür ist ein Rechenfehler: In der Kalkulation für den Neubau wurden die Kosten für die Turnhalle schlicht vergessen.
Bad Cannstatt - Das Angebot an Sportstätten in Bad Cannstatt ist knapp, da sind sich Vereine und Schulen im Stadtbezirk einig (wir berichteten). Laut Roland Schmid, Präsident des Turnvereins Cannstatt und Abteilungsleiter der Hockeyabteilung beim VfB Stuttgart, fehlen vor allem große Hallen für Ballsportarten. Besserung ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Der Neubau der Eichendorffschule, der die Schule eigentlich fit machen sollte für Ganztag und inklusiven Unterricht, könnte statt der geplanten Zweifeld- nur eine Einfeldturnhalle bekommen. Grund dafür ist ein Rechenfehler im Hochbauamt.
Für den Neubau der Eichendorffschule sind im aktuellen Doppelhaushalt 25 Millionen Euro eingestellt. Bei der Kalkulation wurde jedoch die Turnhalle schlicht übersehen. „Die Turnhalle wurde von der Schulverwaltung in Auftrag gegeben, aber beim Hochbauamt wurde vergessen, sie mit einzuberechnen“, sagt die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann. Da die Gesamtkosten für den Neubau inzwischen auf 32 Millionen angestiegen seien (etwa vier Millionen davon würde die größere Turnhalle kosten), seien Einsparungen nötig. Über den Vorschlag, gerade bei der Turnhalle Abstriche zu machen, sei sie „nicht glücklich“, sagt Eisenmann. Rein rechnerisch könne der Bedarf an Sporthallenzeiten für die Eichendorffschule aber gedeckt werden, wenn teilweise zwei Grundschulklassen in der kleinen Halle, die durch einen Vorhang geteilt werden könne, unterrichtet würden und zum Teil in die Hallen anderer Schulen ausgewichen werde: „Vereine können die Halle des Gottlieb-Daimler-Gymnasiums nutzen, das eine Zweifeld-Halle erhalten wird“, so Eisenmann. Die Schüler wiederum sollen in der Turnhalle des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums Sport treiben. Eisenmann weiß aber: „Es wird schwierig, den Bedarf zu decken.“
Sportunterricht in Gefahr
Für eher unmöglich hält dies der Elternbeirat der Eichendorffschule. „Die Vorstellung, die fehlenden Kapazitäten durch die Nutzung der Turnhalle des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums aufzufüllen, ist für uns Eltern als dauerhafte Lösung nicht akzeptabel“, schreibt das Gremium in einem Brief an Eisenmann, die Fraktionen des Bezirks- und des Gemeinderats. Darin heißt es weiter: „Zurzeit nutzen die acht ausgelagerten Grundschulklassen die Turnhalle im Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium. Sobald wie geplant alle Klassen am Standort der Eichendorffschule untergebracht sind, benötigen die Kinder zehn bis 15 Minuten, um zur Elly-Turnhalle zu kommen. Damit fallen von einer Doppelstunde fast 30 Minuten weg. Da sich die Kinder dann noch umziehen, bleibt von 90 Minuten kaum echte Sportzeit übrig.“
Nicht zuletzt sieht der Elternbeiratsvorsitzende Stefan Tuda die Sport- und Bewegungsangebote für die geplante Ganztagsschule in Gefahr: „In der Einfeld-Halle können realistisch nur 38 Sportstunden pro Woche abgedeckt werden“, heißt es in dem Schreiben. Die Schule benötige für 16 Klassen in der Grundschule und zwölf Klassen in der Werkrealschule 76 Stunden. Nicht einmal der Bedarf für die Grundschule (44 Stunden) werde damit also gedeckt. Wenn man davon ausgehe, dass pro Klasse nur eine zusätzliche Stunde Sportangebot im Rahmen des Ganztags ermöglicht werden solle, werde der Turnhallenbedarf auf mehr als 100 Stunden anwachsen. Der Elterbeirat appelliert deshalb an die Politiker, die Entscheidung zu überdenken: „Bitte hinterfragen Sie die Idee, den Neubau der Turnhalle bewusst zu klein zu planen und damit eine dauerhaft für alle unbefriedigende Lösung im Sport- und Bewegungsbereich zu zementieren“, schreibt Tuda. Die Gesellschaft habe eine Verpflichtung, für Kinder, die im Ganztag acht Stunden in der Schule verbringen, ein sinnvolles Bewegungsangebot zu schaffen.
Eltern appellieren an Politiker
Nach den Pfingstferien wird die Vorlage im Gemeinderat und Cannstatter Bezirksbeirat vorgestellt. „Die Gremien sehen beide Varianten, und es ist an ihnen, im Sinn der Schule abzuwägen“, sagt Eisenmann.
Quelle: www.stuttgarter-zeitung.de, 03. Juni 2015